Solarstrom kommt nicht immer vom Dach
Die in diesem Jahr umfangreichste Baumaßnahme der Wohnungsgenossenschaft „Aufbau“ Merseburg eG geht derzeit im Lippeweg in Merseburg-West über die Bühne. Die mit rund 370.000 Euro veranschlagte Balkonsanierung am Haus Nummer 24-30 ist nicht nur arbeits- und kostenintensiv, mit ihr geht das Wohnungsunternehmen erstmalig neue Wege, denn jede Wohnung in diesem Wohnblock (außer Dachgeschoss) erhält mit der neuen Balkonverkleidung automatisch auch ein eigenes Balkonkraftwerk „mitgeliefert“.
Den damit erzeugten Strom aus Sonnenenergie können die Mieter, die sich lediglich als Betreiber der Anlage anmelden, selbst nutzen. Die Anmeldung ist kostenfrei möglich.
Neu und besonders ist dabei auch die Art und Weise, wie die Balkone saniert werden. Neu ist, dass die qualitativ hochwertigen, in Sachsen produzierten PV-Module „Stromerzeuger“ und Balkonverkleidung in einem sind. Sie ersetzen sozusagen die alten, tonnenschweren Beton-Bauelemente direkt und müssen nicht vormontiert werden.
Die leicht bläulich schimmernden Glas-Module werden mit einem aus Aluminium gefertigten Bauteil kombiniert, dessen moderne Optik sehr gut zu den Photovoltaik-Platten passt. Integriert in dieses Lochmuster-Blech und die Module ist ein kleiner, flacher Wechselrichter. Über das Ganze kommt ein flachkantiger Handlauf aus Stahl. Das alles war von Philip Roppelt, Geschäftsführer der Prisma GmbH, beim Vorort-Termin auf der Baustelle Anfang April zu erfahren. Das Unternehmen mit Sitz in Halle wird den Modulanbau übernehmen und kommt damit ebenso aus der mitteldeutschen Region, wie der Hersteller Solarwatt aus Dresden.
Solarwatt sei ein Wegbereiter in seiner Branche. Seine zertifizierten „Glas-Glas-Module“, die im Lippeweg angebaut werden, gelten als besonders nachhaltig – von der Materialbeschaffung bis hin zum Recycling. An die Produktqualität und Langlebigkeit kämen die gängigen Module von ausländischen Herstellern bei Weitem nicht heran, kommt Philip Roppelt fast schon ins Schwärmen. WG „Aufbau“-Vorstandschefin Barbara Schneider lässt sich davon gerne „anstecken“. Sie sieht dem Projekt mit Spannung und Freude entgegen und ist sich sicher: „Für Sachsen-Anhalt übernehmen wir hier eine Vorreiterrolle“.
Damit ist gemeint, dass die WG „Aufbau“ Merseburg eG alle Balkone an diesem großen Häuserblock mit Balkonkraftwerken für die Mieter ausstattet (das trifft auf 28 Wohneinheiten zu), und dass die dafür installierten Solarmodule gleichzeitig die Funktion der Balkon-„Verblendung“ übernehmen.
„Die Wohnungswirtschaft stand vor allem in den letzten Jahren - und immer noch - vor vielen, großen Herausforderungen. Dazu zählten u. a. hohe Baukosten und Fachkräftemangel im Handwerk, und es galt, die extremen Energiepreiserhöhungen zu bewältigen“, so Barbara Schneider. „Auch die Energiewende macht sich nicht von selbst. Mit diesem Sanierungsprojekt möchten wir einen zukunftsfähigen Impuls an einem Bestandsobjekt setzen. Solide Sanierung bzw. Instandhaltung des bestehenden Wohnungsbestandes ist mindestens so wichtig, wie der viel beredete Wohnungsneubau und sollte mehr beachtet und gefördert werden.“
Der Wohnblock Lippeweg 24-30 wurde Anfang der 1980er Jahre errichtet und zuletzt während der 90er Jahre umfassend saniert. Jetzt werden neben den Balkonverkleidungen auch die Bodenbeläge auf den Balkonen, die Entwässerungsrinnen sowie die Fassadenfarbe erneuert bzw. gereinigt. WG „Aufbau“-typisch wird für eine ansprechende Farbgestaltung gesorgt.
Bereits im März war der Wohnblock an der Südseite eingerüstet worden und ein Kran hatte die knapp zwei Tonnen schweren, alten Betonelemente von den Balkonen abgenommen.
„Als Vermieter bitten wir um Verständnis, dass solche Bauarbeiten leider mit Einschränkungen und Lärm verbunden sind. Wir danken unseren Mietern für ihr Entgegenkommen und ihre Geduld“, betont Barbara Schneider abschließend. Und: „Die Baumaßnahme wird voraussichtlich Ende Mai fertiggestellt; wir liegen gut im Zeitplan“, freut sich die Chefin der größten Wohnungsgenossenschaft der Stadt Merseburg.
Fotos: WG "Aufbau" Merseburg eG